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Rohöl crasht um mehr als 30% - die Chancen und Risiken

Artikel vom  11.03.2020 13:34 Uhr von Stephanie Stöver-Cordes

Vorab in Stichpunkten:

  • Rohöl verlor Montag mehr als 30%
  • Stärkster Rückgang seit 1991
  • Langjährige Tiefpunkte erreicht
  • Höhere Produktion steht bevor
  • Preiskrieg wurde angedeutet
  • Auch andere Märkte unter Druck („schwarzer Montag“)
  • Rohöl langfristig im Abwärtstrend
  • Tiefpunkt könnte nochmal erreicht werden
  • Kurzfristig keine deutliche Erholung denkbar
  • Kauf von Heizöl jetzt sinnvoll
  • Chancen und Risiken bei Future-Kauf abwägen

 

Am Montag crashte das Rohöl der Sorte WTI (Crude Oil West Texas Intermediate; NYMEX) bereits zum Handelsstart um 20% auf 32,87 USD/barrel und erreichte im Tagestief sogar 27,34 USD/barrel, was einem Minus von 14 Punkten bzw. 33% entsprach. Der stärkste Rückgang seit 1991.

Auslöser für den Absturz zu Wochenbeginn waren die gescheiterten Gespräche der „Opec+“-Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries; Organisation erdölexportierender Länder) über eine Reduzierung der Ölproduktion. Aus einem Treffen des russischen Energieministers Alexander Nowak mit dem Energieminister Saudi-Arabiens, Prinz Abdulaziz bin Salman ging hervor, dass Russland sich einer Senkung der täglichen Ölproduktion nicht anschließen werde. Daraufhin kündigte Saudi-Arabien einen Preiskrieg an und senkte die Angebote für Ölexporte weltweit drastisch. Verkäufe nach Europa sollen demnach mit Abschlägen von bis zu 8 USD/barrel versehen worden sein. Die logische Folge war der Absturz der Börsenkurse.

Der fallende Rohölpreis in Zusammenhang mit der allgegenwärtigen Thematik rund um den Corona-Virus sorgte an den Börsen weltweit für Panikverkäufe und Kurseinbrüche, sodass vom „schwarzen Montag“ gesprochen wurde. Der deutsche Aktienindex Dax verlor am Montag in der Spitze um mehr als 1.180 Punkte bzw. 10% und sank somit auf gut 10.350 Punkte, der Dow Jones lag zwischenzeitlich bei 23.570 Punkten und damit mehr als 8,8% im Minus. Auch an anderen Märkten, beispielsweise im Agrarsektor, waren die Auswirkungen zu erkennen. Diese fielen dabei jedoch unterschiedlich stark aus. Mais an der Cbot verlor zu Wochenbeginn knapp 2%, Raps an der Matif dagegen bis zu 3,4%.

Doch wie geht es nun weiter: Experten rechnen damit, dass sich der Preiskrieg zunächst fortsetzen wird. Sowohl Russland als auch Saudi-Arabien haben angekündigt, weiterhin billige Offerten anzubieten und die Produktion nun zu steigern. Der russische Energieminister ließ verlauten, es gäbe ab April „keinerlei Verpflichtungen, die Produktion zu verringern“. Damit deutet sich an, dass auch in den kommenden Tagen und Wochen noch mit einem geringen Niveau am Ölmarkt zu rechnen ist. Diese Situation belastet vor allem die US-Schieferölindustrie. Die USA konnten in den letzten Jahren durch eine erhöhte Produktion Marktanteile gewinnen, die Herstellung ist durch das aufwändigere Verfahren jedoch kostenintensiver.

Monatlicher fortlaufender Chart WTI-Rohöl seit 2007

Rückblick: Aus charttechnischer Sicht sieht es für das Rohöl ebenfalls nicht wirklich positiv aus. Seit Mitte 2008 hat sich ein langfristiger roter Abwärtstrend gebildet, der Preissteigerungen immer wieder begrenzt. Seit dem Tiefpunkt aus 2016, als die Sorte WTI fast auf 26,00 USD/barrel fiel, hat sich ein kurzfristiger grüner Aufwärtstrend eingeschoben. Bis Ende 2019 sah es so aus, als ob sich Rohöl zumindest stabilisieren könne. Doch Seit Jahresbeginn 2020 stehen die Preise wieder unter Druck und auch der grüne Aufwärtstrend war in der Folge nicht mehr zu halten. Mit dem Crash am Montag fiel der Kurs in den Bereich der Tiefpunkte aus 2016 zurück. Stand Mittwoch (11.03.2020) notiert Rohöl bei ca. 33,00 USD/barrel.

Ausblick: Rohöl steht zunächst unter Druck und eine schnelle Erholung ist aufgrund der fundamentalen Lage kurzfristig kaum denkbar. Es lassen sich dennoch Unterstützungen und Widerstände erkennen. Auf derzeitigem Niveau bei 33,00 USD/barrel findet man eine horizontale Unterstützung. Hier lagen schon die Tiefpunkte in den Jahren 2008 und 2009. Auch 2016 war diese Marke von Bedeutung, da kein Monatsschluss darunter entstand. Dieses Niveau bleibt ebenso zu beachten wie die Tiefpunkte bei 27 USD/barrel, die sowohl 2016 als auch am vergangenen Montag erreicht wurden. Nach den letzten beiden starken Kurseinbrüchen 2008 und 2015/2016 verweilte das Rohöl Wochen oder Monate auf tiefem Niveau, bis eine Erholung der Preise durchgesetzt werden konnte. Es ist somit denkbar und wahrscheinlich, dass Rohöl noch einmal wieder in Richtung Tiefpunkte, möglicherweise sogar darunter fällt. Teilweise ist in unterschiedlichen Onlinemedien von einem Kurs unter 20 USD/barrel zu lesen. Doch ob es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten. Leichte Aufschläge sind jederzeit denkbar, eine größere Entspannung ist derzeit jedoch noch nicht zu erkennen. In den nächsten Tagen werden keine maßgeblichen Aufschläge über 38 USD/barrel prognostiziert, denn dazu wird der Markt wohl noch ein wenig Zeit benötigen. Ein erneuter Rückgang auf Richtung 30 USD/barrel scheint kurzfristig wahrscheinlicher. Langfristig sind bei 43 USD/barrel und 51 USD/barrel horizontale Widerstände zu erkennen. Oberhalb verläuft auch noch der rote Abwärtstrend, der belastet. Erst ein Anstieg über diesen hinaus  wird für eine deutliche Entspannung am Rohölmarkt sorgen.

Fazit: Der tiefe Rohölpreis sorgte bei vielen Marktteilnehmern für Aktionismus. Heizöl auf dem erreichten tiefen Niveau zu kaufen, bzw. Kontrakte zu machen, ist aus unserer Sicht sinnvoll, da langfristige Tiefpunkte erreicht sind. Beim Kauf von Futures sollten jedoch einige Aspekte beachtet werden. Das Niveau ist zwar tief, doch es geht noch tiefer! Sowohl 2008 als auch 2016 wurde der Tiefpunkt ein zweites Mal erreicht. Wer auf aktuellem Niveau bei ca. 33 USD/barrel kauft, sollte einen Rückgang um mindestens 6,00-7,00 USD/barrel aushalten können, denn der Rohölfuture ist mit 1.000 Barrel (159.000 Liter) je Kontrakt groß. Chancen und Risiken sollte man somit im Vorfeld gegenüberstellen. Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Die enthaltenen Angaben dienen ausschließlich der Information und stellen weder eine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf und/ oder Verkauf bestimmter Finanzinstrumente oder –produkte dar. Es erfolgt weder eine Anlageberatung, noch handelt es sich um einen Vertrieb, ein öffentliches Angebot oder eine Werbung. Es handelt sich um allgemeine Marktberichte und auch um keine Finanzanalyse.

 

 

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