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DAX verzeichnet größten Absturz binnen eines Monats seit 25 Jahren

Artikel vom  12.03.2020 15:03 Uhr von Andre Schäfer

Vorab in Stichpunkten:

- Börsenabsturz aufgrund der Corona-Krise

- Europäische Indices leiden am Meisten

- Leitzinssenkung der FED verpufft beim DAX

- Virusausbreitung kaum zu stoppen

- Dramatische Folgen für Wirtschaft und Bevölkerung

- Trübe Aussichten für die globale Ökonomie

- Unterstützungslinien beim DAX in Reichweite

- Zinsentscheidungen am 12.03.20 und 18.03.20

- Wann ist der richtige Einstieg?

 

Die Aktienmärkte stehen derzeit global unter Druck. Stand Donnerstagmorgen (12. März 2020) verlor der deutsche Aktienindex Dax innerhalb von drei Wochen knapp 30% und liegt nun schon unter 10.000 Indexpunkten! Das Allzeithoch vom 20. Februar 2020 (13.789 Indexpunkte) ist somit in weite Ferne gerückt.

Ähnlich wie beim Rohöl gibt es zwei maßgebliche Faktoren, wobei die Gewichtung bei den Aktien eine andere ist. Während beim Rohölcrash die gescheiterten Gespräche zur Fördermengenreduzierung der „Opec+“-Staaten der Hauptauslöser waren, steht beim Absturz des Dax die Ausbreitung des Corona-Virus (Covid-19) im Fokus. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings auch, dass die Schwäche beim Rohöl für zusätzlichen Druck beim Dax gesorgt hat.

Der Blick über den Tellerrand zeigt allerdings auch, dass weitere Indizes weltweit ebenfalls erhebliche Rückgänge zu verbuchen hatten. Dabei scheinen die Sorgen vor allem in Europa groß zu sein. Sowohl beim Eurostoxx als auch beim italienischen Index (FTSE MIB) stehen Abschläge von mehr als 30% zu Buche. Den Dow Jones traf es mit weniger als 25% Verlusten seit Jahreshoch noch vergleichsweise milde. Unter anderem dürfte die außerordentliche Leitzinssenkung der FED (Federal Reserve System; US-Notenbank) am 03.03.2020 auf 1,00-1,25 Prozent (-0,50 Prozentpunkte) dem Markt zumindest etwas Stabilität verliehen haben. Beim Dax verpuffte dieser Effekt jedoch binnen weniger Minuten und erwies sich nur als Strohfeuer. Erstaunlich stabil hält sich der chinesische Shanghai Composite Index, der seit Mitte Januar nur rund 5% verloren hat. Der Grund ist der Eingriff der chinesischen Regierung in das Finanzsystem. Nach den chinesischen Neujahrsferien gab der Index zunächst um über 8% nach, was die chinesische Regierung zum Handeln animierte. Im Rahmen sogenannter Repogeschäfte stellte die Zentralbank den Geschäftsbanken 1,2 Billionen Yuan zur Verfügung, was umgerechnet mehr als 150 Milliarden Euro entspricht. Es handelt sich dabei um die größte Geldspritze seit 2004, wie der Finanzdienst Bloomberg berichtete.

Seit Mitte Januar ist der umgangssprachliche Corona-Virus allgegenwärtiges Thema in den Medien. In der chinesischen Stadt Wuhan traten jedoch schon Ende Dezember mehrere Fälle von starken Lungenentzündungen auf. Am 31. Dezember 2019 wurde laut Wikipedia das China-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell über die Erkrankungen informiert. Als primärer Infektionsort wurde der „Südchinesische Markt für Fische und Meeresfrüchte“ ermittelt, da einige der Erkrankten dort als Verkäufer oder Händler arbeiteten. Am 9. Januar bestätigte die WHO in einer Stellungnahme, dass es sich bei dem Erreger um eine bis dahin unbekannte Form des Krankheitserregers handele.

Der Virus breitete sich vor allem in der Region schnell aus. Durch die Verlängerung der chinesischen Neujahrsferien über Ausgangssperren in vielen Landesteilen bis hin zu einer praktischen Abriegelung der Stadt Wuhan wurden einige Maßnahmen getroffen, um die Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Doch durch die hohe Inkubationszeit, die vom Robert-Koch-Institut mit bis zu 14 Tagen angegeben wird, konnte die Ausbreitung des Virus nur gedrosselt, jedoch nicht komplett vermieden werden. Schnell breitete sich die Krankheit weltweit aus. In Europa traf es Italien bislang am schlimmsten. Hier wird bereits in Erwägung gezogen alle Geschäfte zu schließen. Nachdem in Deutschland die ersten Infizierungen im Süden des Landes bekannt wurden, ist derzeit am stärksten der Kreis Heinsberg im Westen des Landes betroffen. Er wird vom Robert Koch-Institut unter „besonders betroffene Gebiete in Deutschland“ geführt. Covid-19 ist nun schon seit Tagen  zum globalen Thema geworden (118.000 bestätigte Infektion in 114 Staaten).

Die Folgen sind drastisch. Nachdem zunächst nur von einer Epidemie gesprochen wurde, erklärte die WHO der Virus Mitte der 11. Kalenderwoche 2020 zu einer Pandemie. Großveranstaltungen wie die Hannovermesse werden verschoben, Fussballspiele in der Bundesliga und auch Champions League finden ohne Zuschauer statt und die USA verhängen Einreisestopps. Sogar die US-Basketballliga NBA hat die Saison, ebenso wie die 3. Deutsche Liga im Fussball, unterbrochen. Die deutsche Eishockeyliga beendete die Saison sogar komplett. Dies sind Vorsichtsmaßnahmen sowohl für Spieler als auch für die Zuschauer, da es in vielen Sportarten schon infizierte Spieler gibt und die Ansteckungsgefahr bei Aufeinandertrefen großer Menschenmengen enorm ist. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rät dazu, Veranstaltungen mit über 1.000 Menschen abzusagen bzw. diese zu meiden. In Italien werden Regionen abgeriegelt und Österreich führt wieder stärkere Grenzkontrollen, teilweise mit Gesundheitstests durch. Die Grenzen zu Italien hält das Land bereits geschlossen. Wer die Möglichkeit hat, im Homeoffice zu arbeiten, dem wird dies nahegelegt.

Die Auswirkungen sind extrem, doch wie geht es nun weiter: Mit der Erklärung der WHO, dass es sich bei dem Virus um eine Pandemie handelt, brach der Dax erneut ein. Auch in Zukunft wird wohl eine Vielzahl von Events abgesagt. Der Bevölkerung wird hinzufügend angeraten, jegliche Ansammlungen von Menschenmengen zu vermeiden. Die Prognosen vieler Aktienunternehmen werden mit großer Wahrscheinlichkeit sinken und bei einer weiteren Ausbreitung sind sogar  Firmenschließungen nicht mehr auszuschließen. Lieferketten werden unterbrochen, sodass die wirtschaftlichen Auswirkungen kaum absehbar sind. Der Dax und auch andere Indizes reagieren sehr sensibel auf neue Meldungen und es kommt immer wieder zu Panikverkäufen. Diese Marktlage wird voraussichtlich auch weiterhin anhalten, da die Ausbreitung laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat. Weitere ökonomische Folgen sind somit wahrscheinlich.

 

Chart Dax-Index CFD seit 1996

 

Grundsätzlich befindet sich der Dax nach wie vor im Aufwärtstrend, was an der unteren grünen Aufwärtslinie zu erkennen ist. Dieser Trend ist aus dem Tiefpunkt 2003 und den folgenden Tiefpunkten in den Jahren 2008, 2009 und 2011 entstanden. Der zweite, steilere Aufwärtstrend (obere grüne Aufwärtslinie), wurde zuletzt nach unten durchbrochen. Er entwickelte sich aus dem Tiefpunkt der Finanzkrise in 2008 und folgenden Tiefpunkten bis zum Jahr 2019. Heute (Stand 12. März 2020) fiel der Dax zwischenzeitlich auf unter 9.700 Indexpunkte und damit in eine charttechnische Unterstützungszone, die sich über den Bereich von ca. 9.400 bis 9.900 Indexpunkte erstreckt. Diese Spanne war in den Jahren 2014 und 2016 maßgeblich.

Ohne den Corona-Virus zu einer weltwirtschaftlichen Krise machen zu wollen, sind die ökonomischen Auswirkungen so extrem, dass dennoch Vergleiche mit dem Platzen der Dotcom-Blase nach 2000 sowie der Finanzkrise 2008 gezogen werden sollten. Immerhin betrug der Rückgang alleine in diesem Monat über 2.500 Indexpunkte, was der größte Absturz, innerhalb eines Monats, seit über 25 Jahren ist!

Zunächst wird betrachtet, wie stark die Einbrüche in den zurückliegenden Krisen waren. Vom Hochpunkt im Jahr 2000 bis zum Tiefpunkt in 2003 verlor der Dax mehr als 70% an Wert, zwischen dem Hochpunkt 2007 und dem Tiefpunkt 2009 lagen immerhin noch 55%. Geht man nun vom Allzeithoch beim Dax Anfang 2020 bei 13.789 Indexpunkten aus, wären Rückgänge bis 6.200 oder sogar 4.150 Indexpunkten denkbar. Ob der Markt jedoch tatsächlich soweit fällt oder fallen muss, bleibt abzuwarten. Dennoch ist auch nicht gesagt, dass die Wende schon auf aktuellem Niveau bei gut 9.500 Indexpunkten gelingt. Vielmehr scheint ein weiterer Einbruch bis gut 8.100 Indexpunkten die wahrscheinlichere Variante. Dort verlaufen sowohl die langfristige grüne Aufwärtslinie als auch eine horizontale Unterstützung, die sich aus den Hochpunkten der Jahre 2000 und 2007 ergeben.

Auf der anderen Seite bleiben zwei wichtige Termine zu beachten. Am heutigen Donnerstag, den 12. März 2020 findet ein Treffen der europäischen Notenbank (EZB) statt. Als Folge der bereits beschriebenen Maßnahmen in China und den USA ist es denkbar, dass auch die EZB ihren geldpolitischen Kurs ändert. Ob sich die Märkte dadurch stabilisieren oder der Effekt wie bei der FED-Anpassung verpufft, bleibt abzuwarten. Darüber hinaus entscheidet die US-Notenbank FED am 18. März 2020, also am kommenden Mittwoch, nach der außerordentlichen Anpassung am 03. März 2020, erneut über den Leitzins. Eine weitere Reduzierung wird von den Marktteilnehmern bereits erwartet, das Ergebnis bleibt aber ebenfalls abzuwarten.

Fazit: Kurzfristig scheint der Dax noch sehr belastet durch die allgemeine Unsicherheit in den Märkten zu sein. Nicht nur die Tatsache, dass reihenweise Großevents abgesagt werden, sondern auch der Fakt, dass größere Menschenansammlungen generell gemieden werden sollen, sorgt für starke Verunsicherungen in der Bevölkerung. Doch wer Aktien kaufen will, der kann nach dem aktuellen Rückgang von bereits mehr als 30% durchaus mit einer Teilmenge beginnen. Denn durch Zinsanpassungen der Notenbanken können sich zum Beispiel leichte Impulse ergeben, die den Markt stützen. Allerdings gibt es auch einige Warnsignale, die noch weiter fallende Kurse ermöglichen. Neben der Charttechnik könnten weitere Infizierungen in Deutschland zu ähnlichen Verhältnissen wie in Italien führen. Man sollte daher die Kaufzeitpunkte auf mehrere Termine in den nächsten Tagen und Wochen verteilen, um bei möglichen weiteren Rückgängen noch billiger einzusteigen. Entspannt sich die Lage rund um den Corona-Virus wieder etwas und endet auch der Absturz an den Börsen, können günstige Einstiegsmöglichkeiten wahrgenommen werden.

Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Die enthaltenen Angaben dienen ausschließlich der Information und stellen weder eine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf und/ oder Verkauf bestimmter Finanzinstrumente oder –produkte dar. Es erfolgt weder eine Anlageberatung, noch handelt es sich um einen Vertrieb, ein öffentliches Angebot oder eine Werbung. Es handelt sich um allgemeine Marktberichte und auch um keine Finanzanalyse.

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